
MAMA
Or SINAI
Nachdem Mila fünfzehn Jahre lang von ihrer Familie ferngeblieben war, um ihre Zukunft aufzubauen, hat sie sich an die bevorzugte Behandlung ihres Arbeitgebers gewöhnt. Als Haushaltshilfe sendet sie regelmäßig Geld an ihre Angehörigen, wobei sie besonders die Ausbildung ihrer Tochter finanzieren möchte. Sehr geschätzt, wird sie fast als Familienmitglied angesehen.
Doch ein Unfall bringt sie plötzlich in ihre Heimatregion in Polen zurück. Konfrontiert mit einer neuen Realität, entdeckt Mila, dass das Leben ihres Mannes und ihrer Tochter ohne sie weitergegangen ist. Das Haus ist verwüstet, ihre Tochter möchte ihr Studium nicht mehr fortsetzen, und sie erkennt, dass sie deren Alltag nie wirklich kannte. Getrieben vom Wunsch, alles wieder aufzubauen, finanziert Mila den Wiederaufbau eines neuen Hauses und strebt danach, alles zu verändern – doch ihre Bemühungen bleiben vergeblich.
Schließlich entscheidet sie sich, erneut zu gehen, und erkennt, dass ihr wahres Leben bei ihren Arbeitgebern ist, die sie zutiefst lieben.
Bezüglich der finanziellen Regelung erklärt Or Sinai:
« Mama sollte im August 2022 in der Ukraine gedreht werden, aber dann begann der Krieg. Unser ukrainischer Co-Produzent produzierte an einem Tag, und am nächsten kämpfte er in der ukrainischen Armee. Natürlich führte die Situation dazu, dass wir die Fördergelder für die Produktion, die wir vor dem Krieg erhalten hatten, verloren haben. Wir begannen wieder zu finanzieren, mit unseren polnischen Partnern, und bevor die Produktion startete, begann auch der schreckliche Krieg in Israel. Damit wir den Film schaffen konnten, wurde aus der einst ukrainischen Mila eine polnische, und in diesem Sinne ist Polen im Film nicht nur Polen, sondern eine Metapher für all jene Orte, aus denen Menschen auswandern müssen, um eine Zukunft für sich und ihre Familien zu schaffen. »
Der Hintergrund ist inspiriert von den vielen Arbeiterinnen und Arbeitern, die ihre Länder verlassen, oft gefangen in einem Kreislauf, in dem sie sich weder zuhause noch vollständig in ihrer neuen Umgebung zugehörig fühlen. Regisseur Or Sinai wählte, dieses Thema durch die Perspektive von Evgenia Dodina zu erkunden, einer renommierten Schauspielerin, die bereit war, eine Rolle im Kurzfilm Anna zu spielen, als sie noch Studentin war. In Mama porträtiert Evgenia Dodina meisterhaft die Kluft zwischen der Frau, die sie vor ihrem Wegzug war, und der, die sie heute ist, als sie in ihr Heimatdorf zurückkehrt.
Dieses zeitgenössische Drama behandelt feinfühlig und nuanciert die Komplexität sowohl des inneren als auch des äußeren Exils, während es gleichzeitig Hoffnungsschimmer in die dunkelsten Momente der Seele wirft. Ein Werk, das man nicht verpassen darf.
Bigna Margaretha Grieder